Innovatives Vorgehen des Jugendamts SÜW: Amt will an Schulen und Kitas präventiv unterstützen, bevor Kinder zu „Fällen“ werden

1

Für Profis in der Jugendhilfe ist es ein Klassiker: Bei einem jungen Menschen beginnt die „Schul-Unlust“, er oder sie geht immer seltener zur Schule, schließlich gar nicht mehr, wird sogenannter Schulverweigerer. Oft folgt eine regelrechte „Karriere“ im – für die Gesellschaft sehr kostspieligen – Hilfesystem des Jugendamts.

Was wäre, wenn die Unterstützung stattdessen schon ansetzt, sobald die Schul-Unlust beginnt? Ohne dass Eltern einen Antrag stellen müssen? Stattdessen direkt in der Schule? An einem solchen niederschwellig-ambulanten Hilfesystem für junge Menschen, die in Schule oder Kita nicht (mehr) klarkommen, arbeitet das Jugendamt des Landkreises Südliche Weinstraße derzeit. Im Jugendhilfeausschuss berichtete Amtsleiterin Hannelore Schlageter von den bisherigen Überlegungen.
In verschiedenen Situationen kann ambulant in Schule und Kita geholfen werden

Geplant ist, dass beim Bedarfsfall in einem Kindergarten oder einer Schulklasse zusätzliches sozialpädagogisches Fachpersonal über die freien Träger der Jugendhilfen direkt in Schule oder Kita eingesetzt wird. Neben jungen Leuten mit „Schul-Unlust“ könnten auch zurückgezogene oder herausfordernde Kinder besser unterstützt werden. „Thema kann dann auch sein, die jeweiligen Erziehenden in den Kitas oder Lehrkräfte zu unterstützen, mit dem Verhalten einen Umgang zu finden. Es geht darum, vor Ort Lotse zu bestehenden Beratungsangeboten zu sein, ebenso die Eltern nach Bedarf und Anlass niederschwellig zu unterstützen“, zählte Schlageter mögliche Einsatzfelder des neuen Ansatzes auf.

„Das Schulsystem erlebe ich an der Grenze, es hat vielfach keine ‚Bordmittel‘, die Probleme zu lösen. Kinder kommen in anspruchsvollen Situationen etwa zu kurz oder müssen dann sogar ausgeschlossen werden. Wenn wir als Jugendamt uns nicht stärker dem Problemfeld widmen, ist zu befürchten, dass zunehmend Kinder nicht mehr beschult werden können. Wenn die Jugendhilfe da nicht an die Seite von Erziehungs- und Lehrpersonal treten kann, wird sich diese Entwicklung womöglich noch verschärfen.“
Die Jugendamtsleiterin erläuterte auch, warum manche bisherigen Hilfen des Amts nicht mehr zeitgemäß erscheinen: „Bei einigen ambulanten Angeboten machen wir zunehmend die Erfahrung, dass Kinder, zum Beispiel wegen der Ganztagsschule, ebenso wie die Eltern, zum Beispiel wegen der Berufstätigkeit, gar nicht verfügbar sind. Sprich: Im Alltag haben viele trotz Bedarfs und bewilligtem Antrag schlussendlich keine Zeit für Beratung durch das Jugendamt. Abends haben viele Familien dann auch keine Ressourcen mehr. Ebenso ist es natürlich abends fürs Jugendamt schwieriger, Personal für solche Gespräche zu stellen.“

Mit niederschwelligen, bei freien Trägern der Jugendhilfe angedockten Angeboten hingegen hat das Jugendamt Südliche Weinstraße in den vergangenen Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht. So helfen Fachleute in fünf Jugend- und Familienberatungsstellen des Kreises jungen Menschen und Eltern, ohne dass das Jugendamt „dazwischensteht“. Auch zeigen die Angebote „Kita-Kiste“ und „Kita-Sozialarbeit“ im Kreis SÜW, dass viele Probleme abgefangen werden können mit Leistungen des Amts, die nicht als solche erkennbar sind.

Auch Kosten nicht weiter steigen lassen
„Als Nebeneffekt hoffen wir, die Fallzahlen zumindest etwas abgeschwächt zu kriegen. Die aufzuwendenden Summen haben sich vervielfacht, mehrere Millionen Euro mehr als in den Jahren zuvor. Außer dem inhaltlich-pädagogischen Ansatz, den wir richtig finden, geht es hier auch um die Kosten. Dabei ist uns klar: Wir werden die Fallzahlen nicht sofort massiv zurückführen können, aber zumindest das Wachstum wollen wir aufhalten“, so Schlageter.

Erster Kreisbeigeordneter Kern stimmte zu: „Wir wollen die Steigerungen der Fallzahlen bremsen. Es war auch in den vergangenen Jahren unser Ansatz, mit präventiv wirkenden Ansätzen vorzugehen. Das jetzt geplante Konzept ist die Fortsetzung davon, und es findet da statt, wo die Zielgruppen auch gut erreichbar sind: Kita und Schule machen große Zeitanteile im Leben der jungen Menschen aus, Eltern können auch über diese Orte erreicht werden.“

Text: Kreisverwaltung Südliche Weinstraße

- Werbeanzeige -