Hydrogel als Pflanzhilfe für Bäume

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Begehung im Kirrweilerer Wald bietet interessante Einblicke 

KIRRWEILER – lam – Bei einem Waldbegang gab der zuständige Revierleiter Rainer Northoff Mitgliedern des Kirrweilerer Gemeinderates und weiteren Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit, sich einen Teil „ihres“ rund 596 Hektar großen Waldes unter fachkundiger Führung einmal genauer anzusehen.

Der Weg führte zunächst vom Forsthaus Heldenstein hin zum Kleinbaum und dem dortigen Schuhmacherstiefel, einem Ritterstein, benannt nach Forstdirektor Karl Albrecht von Ritter, der solche Steine Anfang des 20. Jahrhunderts im ganzen Pfälzerwald aufstellen ließ. Hier, wo auch die Gemarkungen Kirrweiler und Maikammer aufeinander stoßen, startete der eigentliche Waldbegang, der im Hinterwald in Richtung des südlich des ehemaligen Forsthauses Breitenstein gelegenen 473 Meter hohen Kühlkopf führte.

Northoff hatte den gut zweistündigen Rundgang unter das Thema „Hydrogel“ gestellt. Warum er dies tat, zeigte er gleich zu Beginn im Feldversuch auf. In ein Schoppenglas füllte er Wasser und gab einen halben Teelöffel Stokosorb hinein, ein Wasserspeichergranulat, das in Gärten und der Landwirtschaft Anwendung findet. Es speichert Wasser in höherer Menge und minimiert so die Wasser- und Nährstoffverluste, die durch Versickerung, Verdunstung und Oberflächenabfluss entstehen. Das Ergebnis sei vorweggenommen: Am Ende des Waldbegangs hatte sich glasklares Gel im Schoppenglas gebildet. Dieses soll gerade auch bei Baumpflanzungen dazu führen, dass das Wasser im Boden mehr gebunden wird. In Zeiten zusehends fehlender Niederschlägen eine gute Möglichkeit Bäume nicht austrocknen zu lassen.

In Zusammenarbeit mit der Universität Landau wurden verteilt auf zwei Flächen a 0,3 Hektar im Kirrweiler Wald vor zwei Jahren 200 Kiefern gesetzt.

Noch stellt sich auch die Frage, ob Mittel auf Ölbasis wirklich die Bodenqualität erhöhen. Langfristig soll der Waldboden aber durch solche Gele und andere Mittel wohl eine Verbesserung erfahren.

Weiter sind zur Unterstützung des Wachstums Alginate im Gespräch, ein sogenanntes saures Polysaccharid, das in den Zellwänden der Braunalgen gebildet wird und diesen ihre typische Flexibilität verleiht. Sein Vorteil ist, das es nachwächst! Es ist wasserlöslich und bildet mit Wasser ebenfalls ein Hydrogel.

Man ist bestrebt weitere Möglichkeiten auszuloten, welche den Bäumen beim heranwachsen helfen sollen. So könnte beispielsweise die Einbringung von Schafswolle in die Pflanzlöcher dafür sorgen, dass Wasser länger im Boden zu halten. Zu viel Wasser wäre indes für die Setzlinge auch nicht förderlich.

„Die Pflanzen wollen ihre Füße nicht im Wasser haben!“ stellte der Förster fest. Diese Gefahr dürfte bei den derzeit vorherrschenden klimatischen Verhältnissen kaum gegeben sein. Der Förster zeigte auf wie die Verjüngung des Baumbestandes erfolgt, nämlich in Waldstreifen, auf welche die Pflanzen gesetzt werden.

Des Weiteren zeigte er an einem vorbereiten künftigen Holzeinschlag, nach welchen Kriterien die Bäume ausgesucht werden, welche zur Fällung heran stehen. Im Herbst sollen unter anderem circa 190 Jahre alte Buchen im Kirrweiler Wald geschlagen werden. Man will hier künftig ein unterschiedliches Alter bei den Bäumen erreichen, die sogenannte Ungleichaltrigkeit, und damit dafür sorgen, das, nicht wie dies in früherer Zeit der Fall war, auf einer Fläche nur Bäume eines Alters stehen.

Während der vom Förster so bezeichnete erste und zweite Kühlkopf mit altem Baumbestand aufwartet, hat man am dritten Kühlkopf ein Waldrefugium geschaffen, das auf einer Fläche von ein bis zwei Hektar nicht mehr bewirtschaftet wird.

Dort gibt es dann sowohl stehendes, als auch liegendes Totholz, wobei stehende Bäume, die am Absterben sind, absichtlich dem Verfall preisgegeben werden und ökologisch auch wertvoller sind als das liegende Totholz.

Auf speziell ausgesuchten Flächen im Kirrweiler Wald werden im Spätjahr 2023 Kalkungen mit Magnesiumhaltigem Dolomitengesteinsmehl vorgenommen, um den pH-Wert des Waldbodens zu erhöhen und einer Versauerung entgegenzuwirken.

Angesprochen auf den Zustand des Waldes und immer wieder ins Auge fallende dürre Bäume, erklärte der Förster, dass dies in privat bewirtschafteten Wäldern deutlich mehr der Fall sei, als in öffentlich betreuten Wäldern. In den Privatwäldern werden die dürren und alten Bäume seltener entnommen, so können sich die restlichen Bäumen mitunter nicht wie gewünscht entwickeln.

Schon auf Grund der anhaltend trockenen Witterung war auch die Waldbrandgefahr ein Thema. Hier ist zum Beispiel daran gedacht an schwer zugängliche Stellen Löschwasser zu bringen, Brunnen zu bohren oder auch Zisternen zu bauen, um im Ernstfall gewappnet zu sein. Das herumliegende Totholz birgt natürlich Gefahren, erklärte Northoff. „Aber wir wollen ja auch Totholz haben, um die Wälder entsprechend zu entwickeln.“ Zahllose Insekten, Pilze und Flechten hängen nämlich in ihrem Lebenszyklus ganz oder teilweise von abgestorbenem Holz ab, das eines der ökologisch wichtigsten Strukturelemente unserer Wälder ist.

Über den Verlauf eines möglichen neuen Wanderweges von der L 499 bis hin zum Helmbachweiher informierte Northoff ebenfalls. Ein Beschluss über den Bau konnte vor Ort leider nicht gefasst werden, da nicht die mindestens notwendige Anzahl von Ratsmitgliedern anwesend war. Dieser soll nun in der nächsten Ratssitzung im Juli nachgeholt werden.

Der neue Weg wird notwendig, da ein alter Holzsteg zusammengebrochen ist und der bisherige Weg deshalb nicht mehr benutzt werden kann. Die Verbandsgemeinde Lambrecht auf deren Gemarkung der Steg lag, will diesen nicht mehr aufbauen. Für den neuen Weg muss eine Böschung abgetragen werden. Der neue Weg hätte eine Länge von 600 Metern, und sei auch beim Begehen ungefährlich, anders als der bisherige, der schon alleine durch das Überqueren von Straßen hohe Gefahrenquellen barg.

Bild: Heinz Lambert

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