Kreisspitze besucht jüdischen Friedhof der größten Landjudengemeinde Ingenheim

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Die Kreisspitze des Landkreises Südliche Weinstraße um Landrat Dietmar Seefeldt hat jetzt den jüdischen Friedhof in Ingenheim besucht. „Auch heute noch zählen jüdische Friedhöfe zu sehr eindrucksvollen und berührenden Denkmälern deutscher Geschichte“, so der Landrat, der den Friedhof gemeinsam mit dem Ersten Kreisbeigeordneten Georg Kern und Kreisbeigeordnetem Ulrich Teichmann besichtigt hat. Ralf Piepenbrink, ehemaliger evangelische Pfarrer von Ingenheim, beschäftigt sich seit 2010 mit der Erforschung der jüdischen Geschichte. Er hat den Landrat und die Kreisbeigeordneten in die jüdische Bestattungskultur eingeführt.

Der jüdische Friedhof in Ingenheim erinnert heute als einziges Denkmal, neben einer Gedenktafel am ehemaligen Standpunkt der Synagoge, noch an die einst größte jüdische Landgemeinde der Pfalz.

„Im 19. Jahrhundert war gut ein Drittel der Bevölkerung Ingenheims jüdischer Abstammung. Aus diesem Grund nannte man den Ort früher im Volksmund auch ‚Klein Jerusalem‘“, erklärte Piepenbrink. Hinter jedem Grabstein stehe eine eigene Geschichte über das jüdische Leben in Ingenheim und den umliegenden Gemeinden. Das frühere Stadtbild sei von vielen jüdischen Geschäften wie Modeläden oder Cafés geprägt gewesen. Durch den Boykott, die Ausgrenzung von Juden, der Reichspogromnacht und sämtlichen weiteren prägenden Ereignissen wurden die Straßen leer. Spätestens mit der Deportation der verbliebenen Juden, war das jüdische Leben in Ingenheim ausgelöscht, so Piepenbrink.

„Die in den Grabstein eingemeißelten Symbole geben den Betrachtern meist weitere Informationen über das Leben und den Tod der beerdigten Person“, berichtete Piepenbrink. Dies sei typisch für die jüdische Trauer- und Begräbniskultur. So zeige eine abgeknickte Blume beispielsweise den frühen Tod einer jungen Frau oder eines Kindes an. Der frühe oder plötzliche Tod eines Mannes sei anhand eines abgebrochenen Baumstammes symbolisiert. Da kaum noch Angehörige der Verstorbenen vorhanden sind, hat sich für die Pflege der Gräber und Durchführung notwendiger Sicherheitsmaßnahmen im Jahre 2012 ein Arbeitskreis aus ehrenamtlich Engagierten der Region gebildet.

„Wir sind dankbar für dieses besondere Kulturdenkmal im Kreis, auf dem seit ungefähr 1693  Mitglieder der jüdischen Gemeinde bestattet wurden. Der jüdische Friedhof ist nicht nur Zeugnis von dem einst blühenden Leben, das in Ingenheim herrschte, sondern auch Denkmal und klares Zeichen gegen Antisemitismus. Mein besonderer Dank gilt Pfarrer a.D. Piepenbrink und den Ehrenamtlichen des Arbeitskreises, die sich so engagiert für die Pflege und den Erhalt dieses geschützten Kulturdenkmals einsetzen“, unterstrich Landrat Dietmar Seefeldt.

Der jüdische Friedhof in Ingenheim befindet sich am Pfaffenberg. Für Besuche ist der Schlüssel im Büro des Campingplatzes oder im Autohaus Johannes erhältlich. Führungen sind ebenfalls möglich.

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